AGROS AG und Mitarbeiter mit “Schlitzen in den Ohren” – Kapitel 3

miosyn (CC0), Pixabay

Arnfried Schurig war aus dem Urlaub zurück und irgendwie hatte er es geschafft sich das hässlichste Auto, was ich bisher je gesehen hatte zu gönnen. Stolz präsentierte er seinen Renault Twingo. Danach war es beschlossene Sache, ein anständiger Dienstwagen für alle Bedürftigen muss her. Es wurde natürlich ein Renault, diesmal ein R19 zu Sonderkonditionen. Ein schönes Auto, zumindest im Vergleich zu Schurigs Perle.

Herr Schurig informierte mich, morgen käme Ericson Netzbau um einen lange durch Frau Kothe vorbereiteten Mietvertrag zu unterschreiben. Er selbst sei nicht da und Frau Kothe ebenfalls verhindert. Aber das dürfte ja kein Problem sein. Alles ist vorbereitet. Es geht nur um die Unterzeichnung. Ja, ich hatte am Rande mitbekommen, wie Frau Kothe klagte: “Jetzt passt ihnen die Farbe der Gardinen nicht”, nun muss ich wieder alles ändern. Der nächste Tag kam und mit ihm pünktlich zehn Uhr Bo Lundgreen nebst Dolmetscher, Frau Klaus informierte mich: “Die Herren wären jetzt da, soll ich Kaffee kochen?” – “Ja, und bieten Sie doch etwas aus dem Kühlschrank an” Dort ruhten nämlich noch Weinvorräte des Weinhändlers Schmidt – verschollen nebst Gerhard Antons Stieftochter in Polen. Auch Margonwasser “Medium” hatten wir zu bieten. Frau Klaus verstand und bat die Herren hinein, um kurz darauf mit einem bestückten Tablett wiederzukehren. Unterdessen hatte ich das vorbereitete Vertragswerk rübergereicht und verfolgte leicht desinteressiert das Gespräch zwischen Bo Lundgreen und dem Dolmetscher. Es war ja alles vorbereitet. Der Dolmetscher sprach Deutsch und Englisch. Bo Lundgreen Englisch und Schwedisch. Plötzlich hörte ich “a problem” und habe dann gut zugehört. Manche dummen Bauern verstehen englisch. Schnell war klar, der von tausend Lakaien vorbereitete Mietvertrag war the Problem. Gardinen interessierten nicht, was interessierte war die Laufzeit und sich nicht um eine neue Heizungsanlage kümmern zu müssen. Nach zehn Minuten war der Dolmetscher soweit, mich über eine Problematik in Kenntnis zu setzen. “Ach”, sagte ich, “dann machen wir halt einen neuen Vertrag, was stellt sich denn Herr Lundgreen vor.” Natürlich wusste ich das schon, während man mir behutsam versuchte die Heizungsanlage beizubringen. Schließlich hatte ich genug gehört um nicht durch Englischkenntnisse aufzufallen. “Sagen Sie Herrn Lundgreen AGROS baut eine neue Heizungsanlage bis zum Beginn des Mietvertrages ein, wenn Ericson die Kosten für den Einbau übernimmt. Auch die Laufzeit ist für mich kein Problem. Machen wir zunächst für ein Jahr, mit der Option auf ein weiteres Jahr.”  Die Herren verfielen wieder in Englisch. Ich tippte derweil einen Rohentwurf in den Computer. Einen Wunsch hätte Herr Lundgreen noch, die Außenanlagen kümmern sie sich auch um die Außenanlagen, und ein Kühlschrank für Getränke wäre schön.”  Ich druckte meinen Rohentwurf und rief Frau Klaus. Die hatte schon gelauert, wann ich sie brauchen würde. “Schreiben Sie das bitte ins Reine”. Annemarie war schnell. Und so gab es ein unterzeichnetes Vertragswerk, welches sich gegenüber dem vorherigen wohltuend nach oben unterschied. Ich hatte für AGROS eine von Ericson bezahlte Heizungsanlage und einen sanierten Außenbereich herausgeholt, weil ich englisch konnte. Ich habe dann gleich Eberhard Fritsche angerufen, der mir zusagte die Außenanlagen aufzuhübschen. Ich glaube auch die Heizungsanlage hat er eingebaut. Geld spielte ja keine Rolle bei Ericson Netzbau.

Am nächsten Tag war Herr Schurig wieder da, “na alles geklappt” fragte er. Er hat nicht schlecht gestaunt als ich “Nein” sagte und ihm das neue Werk unterzeichnet von p.Pa Hiller und mir auf den Tisch legte. “Das ist ja was ganz anderes und die bezahlen?” Ich hab ihm dann die Story verklickert. Außenanlagen wären geklärt, nur die Heizung müsse noch angeleiert werden und einen Kühlschrank könnten wir vielleicht beim Übergabeobjekt an Familie Bockhorn bergen. Das war die LPG “Einheit” Gaststätte auf Bockhorns Land. Natürlich fanden wir dort einen nahezu neuwertigen Weinkühlschrank, schön dekorativ verglast, um Getränke gut zu präsentieren. Wilfried Lucke hatte an nichts gespart.

Wir müssen die nächste Hauptversammlung vorbereiten, sagte Arnfried Schurig. So ein Desaster wie das letzte Mal will ich nicht noch einmal erleben. Ich hatte kein Desaster mitbekommen und so klärte man mich auf, dass ein Korb mit Stimmzetteln versehentlich nicht ausgezählt wurde. “Ja einen Korb habe ich übersehen” warf Helmut Böhme ein. Das hätte zwar das Ergebnis nicht beeinflusst aber so etwas dürfe nicht noch einmal passieren.

Deswegen habe er bereits zu Dr. Kötz Kontakt aufgenommen, erläuterte Herr Schurig, der würde Hauptversammlungen relativ preiswert auch für andere durchführen. Dr. Kötz lebte irgendwo im Nirgendwo zwischen Dresden und Leipzig. Ich harrte der Dinge die da kamen. Relativ preiswert waren 8000 DM für die Hauptversammlung, wenn man bedenkt, dass eine geplatzte Hauptversammlung den dreifachen Schaden verursacht. Veröffentlichung im Bundesanzeiger, Saalmiete, Mitarbeiter, Eintrittskarten, alles will bezahlt werden. Dr. Kötz kam. Als erstes überreichte er eine Diskette. Darauf sei sein Aktienverwaltungsprogramm, damit könne man das Aktienbuch führen, Aktien übertragen, eben alles was nötig sei. Er bräuchte die Daten aus dem Programm für seine Hauptversammlungsdurchführung. Nun gut, dachte ich, wenn es funktioniert kriegen wir vielleicht Frau Kaminsky vom Schönschrift Aktienbuch weg.

Das Programm buchte akribisch die Nummer jeder einzelnen Aktie, die jemand besaß. Nicht, dass die LPGen irgend welche Einzelaktien bis dahin nummeriert hätten. Das hat den Vorteil, dass man jede Aktie bis zu ihrem Ursprung verfolgen kann, führte Dr. Kötz weiter aus. Er erhielt den Auftrag. 

Wochen später “Hilfe, Hilfe Herr Fontaine, bei Dr. Kötz seinem Programm funktioniert was nicht und ich muss doch dringend die Aktien vom Erwin auf die Hildegard übertragen” Ja, das war wichtig, die Hauptversammlung nahte. Und ja, Dr. Kötz sein geheiligtes Programm spann. Dr. Kötz war nicht erreichbar. Also habe ich auf die Schnelle mit Power Basic eine Notlösung gebastelt. Das kostete mich einen halben Tag. Die Notlösung lief wesentlich schneller als das Original. Als Dr. Kötz zwei Wochen später bei Agros aufschlug, um zu sehen was nicht sein konnte, habe ich natürlich auch meine Wildwest Variante vorgeführt. “Kann nicht sein, was ist das für eine Programmiersprache?” Power Basic, ein Compiler.  Dr. Kötz nahm den Absturz seines Programmes beim “Aktientausch” zur Kenntnis. Woran es wohl liegen mag, grübelte er. “Aber ihr habt ja eure Notlösung”. Bis zur Hauptversammlung hatte er es raus. AGROS war größer als alles, was er sonst durch sein Programm prügelte und so hatte er die Variablen in seinem heiligen Turbo Pascal zu eng deklariert. Lappige vorgestanzte Stimmkarten für alle Aktionäre trafen ein. Dr. Kötz war für die Hauptversammlung bereit. Zur Hauptversammlung überreichte er mir feierlich seine neue Agros-taugliche Version. Die 60 üblichen Verdächtigen erschienen, wie immer wenn bei Agros alles in Ordnung ist. Nur wenn es im argen liegt kommen 600. Also waren 1900 Stimmzettel überflüssig. Auch Dr. Kötz hatte alle nicht so recht überzeugt.  Vor allem das Suchen der Stimmzettel im 2000er Haufen verschlang viel Zeit, aber auch das Auszählen dauerte…

Das geht besser sagte ich. Seitdem habe ich jede Hauptversammlung ab 1993 bis 2008 oder 2009 Einlass, Anwesenheits und Abstimmungstechnisch betreut. Vollmachten eingesammelt, eine Liste der Bevollmächtigten gedruckt, eine Rede für den Versammlungsleiter mit den zu verlesenden Formalien und den Ergebnissen, Eine Zusammenstellung für den Notar. Meine Technik habe ich bereitgestellt, Stimmkarten live vor Ort nach Bedarf gedruckt. Meist waren es nicht mal 200€ die ich der AGROS in Rechnung stellte. Aber 2008 fand Frau Förste das Haar in der Suppe: “Sie haben die Preise erhöht, ohne das vorher mit mir abzusprechen” Ja, hatte ich, der Verlauf der vielen Jahre hatte es notwendig gemacht. 1993 nahm ich pro Stunde 7€, 2008 war ich bei 15€, aber ich schweife schon wieder ab. Aber nun wisst ihr endlich, warum ihr immer an mir vorbei musstet, wenn Agros eine ihrer jährlichen Hauptversammlungen abhielt…

 

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In Anlehnung an Annalenas Lebenslauf: Gerald wurde in Zittau geboren. Er studierte zunächst an der Polytechnischen Oberschule 10 Jahre lang den glorreichen Sieg der Oktoberrevolution und die Vorzüge der Diktatur des Proletariats...... steckbrief-fuer-das-publikum Ja, das isses. Informatiker mit polnisch zuerkanntem Doktortitel, sozial engagiert, Journalist, Politiker, Jurist, Wirtschaftskapitän. Wählt mich! Ich hab die Haare schön. Auch zu finden bei Publikum

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