Der einsame Tote

mohamed_hassan (CC0), Pixabay

Sein Tod hat mich sehr berührt, obwohl ich ihn gar nicht näher kannte. Die ganzen Zusammenhänge sind mir ebenfalls nicht vollkommen geläufig. Also was kümmert es mich. Er war Deutscher und wohnsitzlos. Seinen Tod hat ein ebenfalls Wohnsitzloser verursacht.

Um was geht es eigentlich und warum widme ich ihm diese Zeilen, um gleichzeitig ihm zu gedenken?

Ich steige in den Vorfall von einer anderen Seite ein. Die letzten Monate hatte ich viele Turbulenzen. Mein Glück, ich bemühte mich, ohne zu wissen in welchen Zustand sich dieses Land einmal treiben wird, um eine gewisse Karriere in diesem inzwischen total verkommen Beamten- und Behördenapparat.

Aber darauf möchte ich nicht weiter eingehen. Nur noch eines: Ich glaubte an diesen Rechtsstaat für den ich mich Jahrzehnte einsetzte, ja mit Herzblut. Ich lehnte mich nach meinem Buch weiter gegen diesen inzwischen herrschenden Irrsinn und gegen diese jämmerlichen opportunistischen Abnicker und heute auch noch *Innen dieses auf den Kopf gestellten Systems auf. Man weiß gar nicht mehr wo anfangen. Die Kriminalität wurde ebenfalls voll auf den Kopf gestellt. Die Schwerverbrecher können sich kaputtlachen. Denn nun wird der ansonsten brave Bürger, Corona sei Dank, in vorauseilendem Gehorsam durch die Polizei gejagt.

Der einzige Schutz davor ist wohl nur noch die Impfung. Wahrscheinlich ist das der einzige wahrhaftige Schutz, also der Schutz vor dem Staat und seinen Kraken.

Zudem wird man mit dieser heiliggesprochenen Impfung gegen ein ansonsten die Menschheit ausrottendes Virus zum Experten und Innen gespritzt. Denn alle Geimpfte mit denen ich Gespräch gekommen bin, wissen es: Absoluter Schutz, kein schwerer Verlauf, keinerlei Nebenwirkung, mir geht es gut, ich merke nichts. Eigentlich geht es mir nur darum, dass ich alles wieder darf, höre ich weiter als Begründung dafür. Aha, nun bin ich informiert. Jetzt habe ich auch keine Bedenken mehr, oder?

Nach einer heftigen Diskussion nach dem Tod eines Bekannten, der etwa gleich alt als ich war und zwei Wochen nach der Impfung an einem Herzinfarkt gestorben ist, habe ich es aufgegeben. Die Experten und Innen im Umfeld, bis hin zur Familie: Das kann nie wegen der Impfung gewesen sein. Wenigstens ist er nicht an Corona gestorben, hörte ich noch. Soviel dazu.

Alles in allem will ich mich diesem gesamten Wahnsinn entziehen. Ich habe es satt.

Die Mainstreammedien, bis auf die lokale Ebene verfolge ich nicht mehr. Wenn ich zufällig „Headlines“ lese, kenne ich schon den Inhalt. Deshalb habe ich von dem Tod des Wohnsitzlosen Anfang August nichts mitbekommen.

Ich genieße gerade die Zeit mit meiner Frau und Familie. Wir waren in Italien und verbrachten wunderschöne Tage. Bis auf wenige Ausnahmen konnten wir uns auch von diesen allgemein vollgerotzten Gesichtslappen befreien.

Und was ich noch freiberuflich gerne mache, ist die Tätigkeit als Dozent in Bildungseinrichtungen. Dort klappt es richtig gut, keiner interessiert sich für das was ich mache, sondern akzeptiert mich mit meinen Macken. Bei den Teilnehmern spüre ich, auch bei jungen Leuten und Migranten, Dankbarkeit für meine Bemühungen.

Ich helfe ihnen einen Job zu bekommen, Bewerbungen zu schreiben und ein wenig lebensnahe Bildung zu vermitteln.

Darunter ist auch eine russlanddeutsche Frau Ende 30. Ich musste ihr auch ein wenig klar machen, dass sie ihre Meinung und Ansichten besser je nach dem für sich behält. Ich spreche aus Erfahrung. Eines Tages teilte mir die Verwaltung mit, dass sie nicht kommen würde. Sie sei überfallen und geschlagen worden. Später mehr dazu.

Ich bin gerade in einer Kleinstadt mit einer schönen historischen Fußgängerzone tätig. Vom Parkplatz zum Unterrichtsraum laufe ich immer durch die Fußgängerzone. Im geschützten einsehbaren Eingangsbereich eines größeren Gebäudes fiel mir ein junger, heute weiß ich dass er 33 Jahre alt war, auf. Es war komisch wenn ich an ihm vorbei ging und er noch in seinem Schlagsack lag. Es war alles so friedlich, der Blickkontakt reichte für ein irgendwie beiderseitig sympathisches Gefühl aus. Ich weiß gar nicht wie ich es ausdrücken soll.

Jeden Morgen, wenn ich an ihm vorbeilief, entstand ein vertrautes Gefühl. Ja, alles in Ordnung, es geht ihm gut.

Tagsüber räumte er sauber seine Sachen auf und saß an einer Hausecke mit dem Handy. Ein wirklich netter und sympathischer Typ. Er gehörte zum Stadtbild und die Menschen mussten ihn gern gehabt haben.

Ab und zu muss er sich auch im nahegelegen Stadtgarten aufgehalten haben.

Wo wird er nur sein?

Eines Morgens fehlte er. Seine Schlafstätte war leer und verlassen. Jeden Morgen schaute ich zu seiner Schlagstätte, aber er war seit Wochen nie mehr da.

Nun wieder die Verbindung zu meiner russlanddeutschen Schülerin. Sie erzählte mir, dass sie von einem dunkelhäutigen Wohnsitzlosen geschlagen wurde. Dunkelhäutig, sie wurde noch deutlicher. Ich merkte an, es hätte auch ein Deutscher sein können.

Wie mir meine Schülerin erklärte, sei er es aber nicht. Er sei ein brutales Arschloch, der bekannt ist. Sie wollte von mir wissen, was die Polizei da macht und wie so einer bestraft wird. Gar nichts wird mit ihm passieren. Das kann doch nicht sein, meinte sie. Doch, oder außer er hat gegen eine Coronaregel verstoßen. Also, wenn er Sie vielleicht ohne Maske angegriffen hat.

Ich gebe zu, manchmal kann ich mir gewisse Bemerkungen nicht verkneifen.

Nun geht mein Kurs dem Ende zu. Ich bereitete schon mal meinen Abschied vor und wir unterhielten uns ein wenig. Das Feedback hat mich gefreut. Natürlich wollte ich noch wissen, wie der Sachstand im Fall meiner russlanddeutschen Schülerin ist. Resolut erklärte sie mir in ihrer Ausdrucksweise, dass dieses Dreckschwein im Knast sitzen würde. Sie fragte mich, ob ich nicht wissen würde was passiert war und ob ich nicht Zeitung lese. Nein, ich lese diese Schmierblätter nicht mehr und ich weiß nicht, wie ich ihre Bemerkung verstehen soll.

Dieser Kriminelle hat im Stadtgarten Benjamin, den jungen Obdachlosen überfallen und hat ihm sein Handy geraubt. Dabei hat er so auf ihn eingeschlagen, dass er später an seinen Kopfverletzungen gestorben ist. Mich haute es fast um, ja ich hätte heulen können. Wie kann man einen so netten Jungen, der sowieso nichts hat, wegen eines Handys umbringen? Aber auch so, nicht nur wegen der kleinen Habseligkeit. Ich denke sofort an meine Polizeidienstzeit zurück und ich wäre gern bei der Festnahem des Dunkelhäutigen dabei gewesen, natürlich mit Kollegen von damals.

Traurig aber wahr

Ich fragte mich, wo bleiben die ganzen Moralapostel, die Konzerte gegen Rechts, wo bleiben sie die Gerechten und Innen.

Keine Blume an seinem ehemaligen Schlafplatz, nichts.

Ich weiß, es gibt einige Menschen die Dir Benjamin gedenken, ich gehöre auch dazu und bin geschockt.

Ich habe viele Jahre selbst in dieser Stadt Dienst verrichtet, aber wie es dort heute auch mittlerweile zugeht, führt auf das gleiche politische und gesellschaftliche Versagen, die Machtgier und die obersten Lobbyinteressen wie wir es überall antreffen ist zurück.

Ruhe in Frieden lieber Benjamin, wenn sich auch sonst niemand um Dich scherte, Du fehlst trotzdem im friedlichen und menschlichen Teil des Stadtbildes.


Dieser Beitrag erschien zuerst auf f+f Der einsame Tote – von nzerr | fisch+fleisch (fischundfleisch.com)

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