Urheberrechtsblog Teil II

7 Irrtümer übers Urheberrecht

1. Man darf zitieren!?

Richtig bzw. Halbwahrheit. Man darf Wort und auch Bild (Fotozitat) anderer Schöpfer verwenden, aber nur unter strengen Auflagen und unter zwingend erforderlicher Angabe des Urhebers. Kurz zusammengefasst: Das Zitat muss als solches erkennbar sein (optisch abgegrenzt), muss sinnvoller (ergänzender) Teil einer eigenen Schöpfung sein (Text), die deutlich größeren Umfang als das Zitat besitzt.

Und nicht vergessen: Immer den Urheber und sicherheitshalber, falls vorhanden, seinen Internetauftritt, bei Pressefotografen die Zeitung, benennen (es gibt Fälle, wo das erforderlich ist).

(§ 51 UrhG D; § 42f UrhG A – Paragraphen jeweils für Deutschland und Austria)

Bei gewerblicher Verwendung sind die Fallstricke noch zahlreicher, denn dann kann auch markenrechtlicher Schutz von Begriffen, Sätzen und Zeichen zum Tragen kommen, was hier aber den Rahmen sprengt.

2. Anonym und ohne Copyright-Hinweis veröffentlichtes Material darf man verwenden.

Falsch. Zwar gibt es in der Internetkultur tatsächlich unzählige Schöpfungen, die gemeinfrei und anonym geteilt werden können, sollen und dürfen. Aber es gibt, vor allem im deutschen Sprachraum, keinerlei Gewissheit bzw. Rechtssicherheit.

Nach deutschem und österreichischem Recht erlischt das Urheberrecht auch bei anonym veröffentlichten Werken erst 70 Jahre nach deren Schöpfung oder Erstveröffentlichung. Und ein Copyright-Hinweis ist generell überflüssig. Copyright bzw. Urheberrecht entsteht automatisch mit der Schöpfung.

Der Verfasser kann also jederzeit, mit entsprechenden Nachweisen, seine Rechte einklagen. (§ 66 UrhG D; § 61 UrhG A)

3. Bilder von Publik-Domain-Plattformen (Pixabay und Co) kann man risikolos verwenden.

Falsch! Es gibt keine Garantie, dass dort hochgeladene Bilder tatsächlich frei von Rechten und Ansprüchen sind. Jeder kann dort irgendwelche Bilder hochladen. Vorgekommen ist sogar schon, dass erfolglose Fotografen ganz bewusst ihre Bilder auf solchen Plattformen hochladen, um dann Abmahnungen zu verschicken. Der Nutzer solcher Bilder kann sich zunächst mal auf guten Glauben berufen. Je professioneller, aufwändiger und origineller ein Bild aber ist, desto unglaubwürdiger wird dieser Einwand vor Gericht, vor allem, wenn die Bilder kommerziell verwendet wurden. Als kommerziell gilt dabei bereits ein Blog, der Werbung geschaltet hat, egal wie gering die Einnahmen dadurch sind.

Noch was: Dass Bilder als „kostenlos“ oder „lizenzfrei“ angeboten werden, heißt ebenfalls nicht, dass sie frei von Rechten sind. Das sind völlig unterschiedliche Dinge. Das Urheberrecht wird von Zahlungen und Lizenzen nur im Rahmen der eingegangenen Verträge tangiert, und kostenlos oder lizenzfrei heißt nicht rechtelos. Die weit verbreiteten CC-Lizenzen (Creative Commons) ebenso wie der Begriff „Public Domain“ (gemeinfrei) haben übrigens vor deutschen Gerichten keinerlei Gültigkeit. Auch da kann man sich im Klagefall nur auf guten Glauben berufen.

4. Der Urheber/Autor/Künstler ist schon lange tot, also darf man ihn auch verwenden.

Falsch. Das Urheberrecht gilt noch 70 Jahre nach dem Tod (im Falle von Fotos 50 Jahre nach Erstveröffentlichung), so dass es durch Erben und Verlage verwertet werden kann. Wer z. B. Erich Kästner († 1974 ) oder Heinz Erhardt († 1979) zitiert, tut gut daran, sich dabei an die oben (unter Punkt 1) angeführten Regeln zu halten. Wobei komplette Gedichte niemals als Zitat durchgehen würden.

Desgleichen wer populäre Klassik wie z. B. die Carmina Burana (Orff, † 1982) oder „Also sprach Zarathustra“ (Strauss, † 1949) auf seiner Homepage hat. Die Rechte sind noch nicht abgelaufen.

Dass das natürlich erst recht für Elvis und Michael gilt, sollte jedem klar sein. (§ 64 UrhG D; § 60 UrhG A)

Und wie schon gesagt: Auch bei anonym veröffentlichten Werken erlischt das Urheberrecht erst 70 Jahr nach Veröffentlichung.

5. Bilder ohne hinreichende Schaffenshöhe darf man verwenden.

Falsch. An Fotos (Lichtbildern) bestehen grundsätzlich Rechte des Fotografen, sogenannte Leistungsschutzrechte. Diese Rechte stellen erbrachte Leistungen, durch Fotografen oder z. B. Interpreten (Musik, Schauspiel) etc. dem Urheberrecht annähernd gleich. (§ 72 UrhG D; § 74 UrhG A)

Beispiel: Ein Pressefotograf fotografiert eine öffentliche Straßenkreuzung oder ein Verkehrschild, um einen Sachverhalt zu dokumentieren. Das hat in der Regel keine Schaffenshöhe, ist aber dennoch mit Material- und Zeitaufwand, oft auch einem Quentchen Glück, vom Fotografen “erschaffen” worden, also ein Produkt seiner Leistung. Und auch, wenn der Gesetzgeber vor allem die Profis im Sinne hatte, dieser rechtliche Schutz von sogenannten Lichtbildern gilt auch für jedes privat angefertigte Foto, also von Kindergeburtstag bis zur heimischen Tomatenernte.

Bei privaten Fotos kommt dann noch das Recht am eigenen Bild (Gesicht) dazu. Niemand darf ohne sein Einverständnis veröffentlicht werden (Ausnahme sind Personen des öffentlichen Lebens im Rahmen ihrer öffentlichen Tätigkeit).

Und generell (auch bei Texten, Zeichnungen usw.) sind die Anforderungen an “Schaffenshöhe” vom Gesetzgeber bewusst sehr niedrig gehalten. Im Klagefall liefert man sich der Auslegung des jeweiligen Richters aus.

6. Screenshots (von Videos, Internetauftritten etc.) sind erlaubt

Falsch. Es handelt sich um Kopien von in der Regel urheberrechtlich geschütztem Material. Selbst eine Webseite ohne Bilder ist urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht fängt bereits beim Layout an. Natürlich wird kein normaler Mensch Klage erheben, wenn man Screenshots von seiner Website veröffentlicht (es sei denn, sie ist rein privat). Und auch Firmen tun das nicht. Zudem wird bei Screenshots in vielen Fällen das oben beschriebene Zitatrecht gelten, soll heißen, man hat einen guten Grund, diesen Screenshot zu veröffentlichen. Man muss dann aber zumindest den Verfasser benennen (!), und ein genereller Freibrief ist es eben nicht. Erst recht natürlich nicht, wenn man Kunstwerke “screenshotet”. Das ist spätestens im Falle der Veröffentlichung (auf Blog oder Website) eine Urheberrechtsverletzung.

7. Wenn ich abgemahnt wurde, gehe ich zum Anwalt, der hilft mir.

Halbwahrheit. Zuallererst kostet ein Anwalt Geld, und zwar im Falle von Urheberrechtsverletzungen (wo die Gegenstandswerte, aus denen sich die Anwaltsgebühren berechnen, sehr hoch angesetzt werden) nicht zu knapp. Wenn der Rechtsverstoß eindeutig ist, kann auch ein eigener Anwalt nichts ausrichten, außer zusätzliche (hohe) Kosten zu verursachen.

Sinnvoll ist deshalb, zunächst selber zu recherchieren (Gott gab uns Google), ob es bereits andere Fälle dieser Art gibt, ob tatsächlich ein Rechtsverstoß vorliegt (Anwälte können viel behaupten, lügen ist nicht verboten), ob es bereits Präzedenzfälle gibt (Gerichtsurteile) oder zumindest juristische Beurteilungen, und ob die geforderten Beträge angemessen sind.

Dabei darf man Schadenersatz und Anwaltsgebühren nicht verwechseln. Schadenersatzforderungen kann man anfechten, Anwaltsgebühren dagegen nicht. Die sind gesetztlich geregelt. Im Falle von Abmahnungen mit Unterlassungsforderung werden regelmäßig Gegenstandswerte von 10.000 – 50.000 Euro angesetzt, woraus sich Anwaltsgebühren (in Deutschland) von ca. 600 – 1500 Euro ergeben. Für 1 Brief inklusive Unterlassungsvertrag. Das ist unangemessen, aber gängige Praxis der Rechtsprechung und lange Zeit politisch gewollt, um Urheberrechtsverletzungen im Internet einzudämmen.

Warum wurde mir nicht einfach eine Email geschickt, statt einen Anwalt einzuschalten?

Fehleinschätzung. Abmahnung ist ein Geschäftsmodell, vor allem für Anwälte, die mit einem einzigen Brief 1000 und mehr Euro verdienen können (was in den Besonderheiten der gesetzlich geregelten Anwaltsvergütung liegt). Es ist nicht auszuschließen, dass die Initiative vom Anwalt ausging, der sich Mandanten sucht (Künstler). Womöglich macht man Halbe/Halbe, was illegal aber kaum nachzuweisen ist. Es macht deshalb auch keinen Sinn, einfach mal anzurufen, sich zu entschuldigen, die Sache zu „klären“. Ein Verhandeln mit der Gegenseite, denn darum handelt es sich, will wohlüberlegt sein und man muss genau aufpassen, was man sagt, damit man sich nicht noch tiefer in die Exkremente reitet.

Siehe Abmahnungen gegen Nutzer von Creative Commons Bildern

In Deutschland wurden die Kosten für Erstabmahnungen bei nicht gewerblicher Netztätigkeit auf 100 Euro gedeckelt (§ 97a Abs. 2 UrhG).

Das ist aber an strenge Voraussetzungen gebunden, deren Erfüllung vielfach von Gerichten angezweifelt wird. Bereits das Schalten von Werbung, auch wenn sie nur wenige Cent im Monat bringt, lässt diese Deckelung verfallen. Gewerbliche, auch wenn sie nur geringen Umsatz machen, bleiben ohnehin außen vor.

https://www.new-media-law.net/deckelung-der-abmahnkosten/

Achtung: In Österreich gibt es keine konkrete Abmahnungsregelung und deshalb auch keine Deckelung der außergerichtlichen Anwaltskosten. Deutsche Anwälte werden deshalb versuchen, über österreichische Kollegen abzumahnen.

Abschließender Hinweis: Es handelt sich beim obigen Text um eine überarbeitete Version eines älteren Blogbeitrags von mir. Auf Wunsch, kann ich zu einzelnen Themen zukünftig noch detailliertere Infos/Beiträge liefern.

Zu Teil I – Creative Commons und Pippi Langstrumpf


Dieser Artikel erschien zuerst bei auf f+f.

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