Nous serons également égarés dans la nouvelle année
We will also be led astray in the new year
Wer mit wachem Bewusstsein lebt, wird von vielen Dingen beunruhigt und vielleicht sogar gequält, die in der Welt und unter den Menschen geschehen. Vieles ist für die meisten schwer zu verstehen, nicht in Einklang zu bringen mit ihrem gebildeten Bewusstsein. So auch unsere Situation als Europäer im Niedergang, die, hineingezogen in die globalen Ereignisse und die sie umschwirrenden beängstigenden Nachrichten, die geschichtlichen Zusammenhänge vielfach vergessen haben. Was aber gerade für ein gesundes europäisches Bewusstsein unerlässlich wäre, künstlich aber schwer herzustellen sein wird. Trotz großem Propagandaaufgebot via Medien, die überwiegend von den Herren des Geldes abhängig oder in deren Besitz sind*, will dieses Luft-Projekt nicht recht gelingen. Umso mehr herrscht Zweckoptimismus von oben.
In Brüssel versucht man daher mittels diesem und unter Umgehung der erwähnten Zusammenhänge ein erwünschtes Europabewusstsein heraufzubeschwören. Vergeblich natürlich. Natürlich eines, das voll und ganz ausschließlich im Westen verankert sein soll. Mit demselben Westen ist im Besonderen gewiss Wallstreet, neben der City of London einer der Horte der Hochfinanz, gemeint. Letztere hält sich mit der NATO sogar eine Landsknecht-Truppe** und verfügt mit der Europäischen Union auch über einen politischen Arm. So weit, so schlecht, aber von daher kann immerhin die von Brüssel vorgegebene Politik besser verstanden und als Ergebnis einer anscheinend im Hintergrund waltenden organisierten Kriminalität einer herrschenden Klasse gedeutet werden.
Nun möchte man doch meinen, in Kenntnis dessen würde ein für die Herrschenden und deren politische Vertreter gefährlicher Widerstand heranwachsen, und die Ereignisse in Frankreich könnten viele solches vermuten lassen. Das Herrschaftssystem ist jedoch für solche Fälle bestens gewappnet, weiß die maßgeblichen Politiker auf seiner Seite und ist daher noch immer fähig, den Volkszorn in andere Kanäle umzuleiten und dort versickern zu lassen. Es sei denn, man hat die Absicht, es unter „Mobilisierung“ der Migranten-Massen noch gefährlicher eskalieren zu lassen, um ein genehmes autoritäres Regime als Retter der Nation an die Spitze zu hieven. Wir sollten daher das Weitere gut beobachten und daraus die richtigen Schlüsse ziehen.
Die politischen Gutsverwalter des globalen Finanzimperiums pflegen zwar vor nationaler Kulisse scheinbare EU-Unzufriedenheit und gewisse Bodenständigkeit, betätigen sich aber in Wirklichkeit mehr oder weniger als zwischen Wahlen hin und her gerissene Handlanger des internationalen Kapitals. Gerade jetzt, wo wieder einmal Wahlen zum europäischen Scheinparlament vor der Türe stehen, wird diese Doppelnatur der Politiker erneut offenkundig werden. Wieder wird, wohl wissend der Unmöglichkeit einer grundlegenden EU-Reform, eben von dieser großspurig die Rede sein, wieder wird man glauben lassen wollen, man sei dazu in der Lage und befähigt. Und wieder werden viel zu viele an der Nase herumgeführt werden. Wie in weiten Bereichen der Wirtschaft ist auch in der Politik die Täuschung ein taugliches Mittel bei der Verfolgung von Eigeninteressen.
Doch diese EU ist so wenig reformierbar wie der Euro als Einheitswährung noch zu retten sein wird. Aber Brüssel als Selbstbedienungsladen für viele Parteien und deren Funktionäre sowie der Euro als Spekulationsobjekt für einige wenige, könnten in der derzeitigen Form noch eine Weile überleben und sowohl die Tagträume der Paneuropäer als auch die neoliberale Agenda weiter im Gang halten. Zum Schaden Europas. Aber das, was immer mehr erhoffen, die Verwirklichung der allgemeinen Meinungsfreiheit statt deren weitere Einschränkung, die Bildung einer neuen europäischen Elite an Stelle von System-Kollaborateuren und -Mitläufern sowie die Selbstbestimmung des seiner kolonialen Fesseln entledigten Europäers, wird diese EU nie liefern können. Und das sollte uns mehr als alles andere beunruhigen und quälen und im Mai dieses Jahres die richtige Entscheidung treffen lassen.
*Nach Meinung des französischen Intelektuellen Gérard Miller befinden sich 90 Prozent der Medien in der Hand von neun Milliardären. Mehr oder weniger dürfte dies auf die gesamte EU zutreffen, womit die Tendenz unseres Zeitalters auf Meinungsmonopol und –Kontrolle ausgerichtet sein dürfte.
**Sicher nicht zufällig wurde ein Goldmann Sachs-Manager zum Vorsitzenden der NATO-Denkfabrik „Atlantic Council“ gewählt.
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